Komponisten

Juliane Klein

Juliane Klein
Portraittext

Juliane Kleins Auffassung „Inspiration ist geistige Klarheit“ prägt Struktur und Ausführung ihrer Werke. Verantwortung und Klarheit über das eigene Tun ist Ausgangs- und Zielpunkt ihrer Arbeit. Die Musik vertraut auf die Kraft des einzelnen Ereignisses, das präzise gestaltet wird, und der es umgebenden Stille. Die eingesetzten Mittel sind vielgestaltig und umfassen die ganze Bandbreite der Neuen Musik. Die Erweiterung des Tons über die Geräuschhaftigkeit und Sprache bis hin zur (visuell wahrnehmbaren) Körpergeste spielt oftmals eine besondere Rolle. Die Grenze zwischen vokaler und instrumentaler Musik ist fließend, doch sind die Kompositionen auch bei Beteiligung von Vokalsolisten oft primär instrumental gedacht. Versatzstücke tonaler Musik, die sich in vielen Werken finden, erhalten in der auf unmittelbare Klanglichkeit konzentrierten Umgebung eine neue Qualität als vage Erinnerungen, Klänge aus einer anderen Welt, ohne in sentimental-klischeeartige Zitathaftigkeit abzugleiten.
Am Beginn eines Kompositionsprozesses stehen für Klein selbst gewählte Regeln, die die Organisation des musikalischen Materials vorstrukturieren. Die Skizzen, oft in graphischen Notationen, zeigen jedoch vielfältigere Bezüge ihrer Musik in Raum und Zeit. Im Falle von „Fünfgezackt in die Hand“ stellt der Übertragungsprozess gleichzeitig eine Reduzierung bzw. Auswahl aus dem Ideenreichtum der Ausgangsnotation dar.

Kleins kompositorische Überlegungen beziehen sich nicht nur auf das Werk im engeren Sinne, sondern auch auf dessen Interpretation. Die Rolle des Interpreten wird neu definiert. Im Vertrauen auf deren Kompetenz überträgt sie den Interpreten Verantwortung und Freiheiten, die die ausübenden Musiker (ob Profi oder Laie) zu Teilhabern am kreativen Prozess machen. Erreicht wird dies u.a. durch räumliche Anordnungen der Musiker, die die Kommunikation zwischen jenen befördern (Kreisaufstellungen, Spiel ohne Dirigenten oder Dirigent nur von einigen zu sehen, z.B. in „… und folge mir nach“, „PSALM 23“, „Aufriss“), oder durch musikalische Freiräume, die die Partitur den Interpreten lässt, ohne die Grenzen zu einer beliebigen Aleatorik zu überschreiten (in besonderem Maße im Simultanwerk „Aus der Wand die Rinne“ oder in den Kadenzen des Streichquartetts „ungetrennt“). Konsequent weiter gedacht ist dieses Prinzip in dem Musiktheater „Allein“, das ganz auf eine ausnotierte Partitur verzichtet und den Ausführenden allein Szenenablauf, Text und musikalisches Material an die Hand gibt.
Ein weiteres Mittel stellt das Musizieren mit geschlossenen Augen dar (z.B. in „Suite“ oder in „… und folge mir nach“), das die Musiker zu einem intensiven Spiel nach Gehör auffordert. Bei der Übertragung von Verantwortung auf die ausführenden Musiker spielen nicht nur ästhetische Überlegungen eine Rolle, sondern auch ein emanzipatorischer Anspruch, der eine gesellschaftlich-politische Dimension enthält.

Vielen Werken Kleins liegen literarische Texte zugrunde. Sie werden nicht klassisch vertont, sondern sind eine eigene, zum Teil hörbare, zum Teil auch nur mitgedachte, ästhetische Schicht der Komposition. Bei dem Ensemblewerk „gehen“ handelt es sich um einen Text von Klein selbst, der das Thema der Musik formuliert: Gehen im Sinne von Weitergehen, über etwas Hinausgehen. Das Überschreiten von Grenzen, das Befreien von Zwängen ist, über „gehen“ hinaus, ein zentraler Gedanke vieler Kompositionen Kleins im Sinne eines neu formulierten Avantgardebegriffs, der sich in der Realisierung des für unmöglich Gehaltenen einlöst.

Text: Nina Ermlich-Lehmann

Termine

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Archiv

  1. 25.02.2024, 23:03

    WDR 3, "Studio Neue Musik"

    "Kein Kinderkram: Neue Musik für junge Menschen" - eine Sendung von Julian Kämper u.a. mit Ausschnitten aus:
    • Gordon Kampe: "Wum und Bum und die Damen Ding Dong"
    • Juliane Klein: "ERDE"

    Sunnyi Melles, Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Dirk Kaftan
    Schüler der Humboldthain-Grundschule Berlin, Deutsches Symphonieorchester Berlin, Ltg: Hermann Bäumer

  2. 25.05.2023, 19:30

    Lauchheim, Schloss Kapfenburg

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 1, 4 und 6"

    Trio Klangspektrum

    Das Konzert wird am 26.5. im Stadttheater Kaufbeuren wiederholt!

  3. 23.04.2023, 17:00

    Kirchberg

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 1, 4 und 6"

    Trio Klangspektrum

  4. 22.01.2023

    HfMDK Stuttgart, Kammermusiksaal

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 1"

    Annika Möller, Violoncello

  5. 15.12.2022, 21:30

    hr2 kultur, "Neue Musik"

    "Gott, Geist, Gesang. Ein erweitertes Zwiegespräch über spirituelle Impulse neuer Musik von heute" - Eine Rundfunksendung von Stefan Pohlit, u.a. mit ausschnitten aus:
    • Peter Köszeghy: "pearl"
    • Stefan Pohlit: "Der Schwarze Schäfer"
    • Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 4"
    • • Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 1-6"

  6. 27.11.2022, 14:00

    "Neuköllner Originaltöne", Kulturschall Schloss Britz, Berlin

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 4" für Akkordeon

    Schülerin der Akkordeonklasse von Gerhard Scherer an der Musikschule Paul Hindemith, Neukölln

  7. 13.11.2022, 13:00

    Klangwerkstatt Berlin, Kunstquartier Bethanien

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 4" für Akkordeon

    Annika Li (Akkordeon)

  8. 25.10.2022, 20:00

    "Unerhörte Musik" im BKA Theater, Berlin

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 1, 4 und 6"

    Trio Klangspektrum

  9. 02.10.2022, 19:00

    Hörfest Detmold, Hangar 21

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 1, 4 und 6"

    Trio Klangspektrum

  10. 06.09.2022, 19:30

    Beethovenfest Bonn, Post Tower Lounge

    Juliane Klein: "Aus der Wand die Rinne 1, 4 und 6"

    Trio Klangspektrum

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